TEACH & TRAIN

Präsentieren bedeutet, mit Menschen zu sprechen.

Kategorie: adventskalender

Adventskalender #4

Während ich hier schreibe, halten meine Studierenden ihre Projektstudienvorträge, die später in die Thesis münden werden.

Seit Anfang Oktober habe ich jungen Gestaltern virtuell Händchen gehalten, Nerven beruhigt, Sätze gespendet, Folien aufgeräumt, Zahlen hinterfragt und immer wieder gefragt: Warum? Was willst du herausfinden? Welches Problem willst du lösen?

Und für wen?

Problem/Lösung ist beim Pitch ein bewährter Einstieg und auch für Thesis und Projekt. Es gibt zig andere Strukturen: Vision/Weg, Lösung/Methode, … Jedes Thema braucht ein klein wenig etwas anderes.

Wenn ihr ein Problem beschreibt, passt auf, dass es das richtige ist. Habt vielleicht nur ihr es? Könnt ihr es überhaupt lösen? Schärft unseren Blick. Schärft eure Sprache. Ein verschwommenes, blaugraues Problem ist schwer als relevant zu begreifen. Arbeitet lieber mit Schwarz und Weiß. Zieht die Kontrastregler hoch. Klischees sind die schnelleren Bilder.

Probleme sind kleine Matruschkapuppen, in denen meist weitere Probleme stecken. Werft nicht alle gleichzeitig auf den Tisch. Eins nach dem anderen. Dann komme ich besser mit. (Und passt auf eure Metaphern auf. Matruschkas? Warum sind dann auf euren Folien Tangramme? Da haben wir auch schon das nächste Problem.)

Es geht natürlich (wie so oft und fast immer) auch anders: Werft alles gleichzeitig auf den Tisch. Da. So! Ein Berg Probleme. (Haufen? Menge?)

Und dann sagt uns, worum ihr euch als erstes kümmern wollt, weil es in euren Augen das wichtigste ist. Oder fragt uns. Dann ist es unser Problem.

Das ist das Schöne am Thema Vortrag. Es gibt keine Regeln. Es muss nur funktionieren.

Verliert bei allen Problemen euer Ziel nicht aus den Augen. Wobei ein Ziel auch erstmal nur eine Richtung sein kann, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Adventskalender #3

Heute geht es um das, was wir alle so gerne machen und was nie hilft: dem Sprecher nicht, dem Publikum nicht und dem Vortrag schon gar nicht. Wir machen es aber trotzdem und deshalb fügen wir am Ende unserer Gedanken so gerne ein UND und reden weiter und weiter und genau, das wollte ich ja auch noch sagen und dann …

Und unsere Sätze werden länger und länger, die Gedanken drehen sich im Kreise, weil jedes UND eine Aufforderung an uns selbst und unsere Ohren ist, weiterzusprechen und es nimmt kein Ende. Kein gutes jedenfalls.

Man kann so schreiben; mäandernd. Unbedingt. Ein Buch ist kein Vortrag. Ich kann zurückblättern und es aus der Hand legen zum Denken. Man kann auch so stricken. Loopediloop.

Beim Zuhören ist es kaum erträglich – auch wenn schlampiges Reden inzwischen gerne als Zeichen intellektueller Überlegenheit gegenüber dem spießigen Mainstream gesetzt wird. Es hilft trotzdem nicht.

Spart euch das UND. Investiert in aktive Verben, anschauliche Adjektive und Substantive zum Anfassen. Begründet. Erklärt. Macht Hörtext. Macht Radio. Macht Podcast. Macht, was ihr wollt. Nur redet keine Luftmaschenketten und uns und euch ins Aus.

Der Punkt ist eine Atempause. Für die Sprecher. Für die Zuhörer. Für den Text.

Hier kann ich denken. Und einen Knoten ums Gehörte machen.

Kommt auf den Punkt. Macht einen Punkt. Und ruhig auch mal eine (winzige) Pause.

Für uns, für euch.

Adventskalender #2

Oh by projektstil/@schnørkelig – Braunschweig

Oh.

Oder auch: Oh.

Oder: Oh.


Hören Sie den Unterschied?

Oh. Papier dunkelt schneller, als man denkt.

Oh. Das wusste ich nicht. Echt?

Oh. Ist das schön.

Oh. Jetzt besser nichts sagen. Nur denken. Lächeln.

Im Vortrag geht es immer auch ums Oh. Ums richtige. Das ist Ihr Job.

Falls sich grade jemand fragt, warum all mein Sach und Zeugs hier leicht altersmüde wirkt: Deshalb.

Ich arbeite seit vielen, vielen Jahren mit meinen Karten und Papier, besonders gerne jetzt in Zoom.

Nichts macht wacher als ein hochgehaltenes Oh. Oder Ach so. Oder auch mal . Das ist das Gegenteil vom Oh.

Das gelbliche A4-Papier ist aus Zuckerrohr und ist für all die Mitschriften und Scribbles und Ohs in einem Coaching. Es ist ein leises Papier. Als Studentin in den 80ern schrieb ich all meine Notizen auf Umdruckpapier, das war ähnlich, nur noch weicher und sehr preiswert. Heute gibt es offenbar kein Umdruckpapier mehr. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Oh. Sie sind ja gar nicht mehr da.

Ach.

Adventskalender #1

Pitchcards by Anke Tröder

Die Pitchkärtchen sind eigentlich schon ein halber Adventskalender. Wenn ich es also nicht schaffe bis zur 24 …

Was ich aber eigentlich sagen wollte, womit ich schon gleich den Anfang verbaselt habe, weil zwei Eigentlichs: Links oder rechts? Grafisch-minimalistisch oder Bling-Bling? Suchen Sie es sich aus. Vergleichen Sie. Spielen Sie mit dem Slider. Es ist Ihr Adventskalender.

Publikum darf sich leider oft nichts aussuchen. Es muss mitkommen. Ob es will oder nicht. Vom ersten Satz an, von der ersten Folie an. Mein Vortrag, mein Tempo, mein Weg.

Die Startseite ist dabei oft das Stiefkind im Foliensatz, egal ob Pitch oder Projektstudie, Fachvortrag oder …

Im zweitschlimmsten Fall sieht sie aus, wie Folien eben aussehen, wenn sie in ein Corporate Design gequetscht werden, das nicht zum Thema oder der Vortragenden passt. Irgendwie, na ja, und bitte immer schön an die Regeln halten. Dazu sind sie schließlich da, die Regeln. Nur: Im Vortrag gibt es keine Regeln. Vortrag muss lediglich funktionieren. So wie die Startfolie. Sonst ist beides Zeitverschwendung.

Im schlimmsten Fall passt die Startfolie zum Thema, ist schön, witzig, minimalistisch zurückhaltend, verwirrend, lädt zum Denken und Betrachten ein, spricht an, murmelt, wispert, zuppelt am Ärmel und sagt: komm mit, komm mit, ich muss dir was zeigen –– aber ZACK ist sie schon längst weggeklickt, noch bevor sie eine Chance hatte, all das zu sagen.

Dann doch lieber zuerst die langweilige Corporate-Design-Folie und eine zum Denken danach. Falls Sie überhaupt eine Folie brauchen. Nicht jede Idee braucht eine Folie. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Also: Geben Sie uns doch einen Moment Zeit; der Startfolie und dem Publikum. Danach ist alles viel einfacher, weil wir schon wissen, wohin die Reise geht.