TEACH & TRAIN

Präsentieren bedeutet, mit Menschen zu sprechen.

Monat: Dezember, 2012

Wo waren Sie gerade?

Strukturierungen

Meine Studierenden heute nach einem straffen dreiminütigen Inputvortrag zu Aufbau & Struktur gefragt, woran sie dabei gedacht haben. Ich habe sie gebeten, so ehrlich wie möglich zu sein. Wundervoll, der anschließende mentale Rundgang. Danke an alle, die mich daran haben teilhaben lassen.

[Sie glauben doch nicht wirklich, dass 100% von dem ankommen, was Sie sagen? Nicht bei einem TED-Talk, nicht bei einem Referat, egal, wie gut Sie sind. 100%?  Nie. Niemals.]

Mit ausschlaggebend war meine freundliche Vorgabe, dass sie das alles später zuhause bei Kaffee auch hier im Weblog oder in den Handouts nachlesen können. Zuhause. Kaffee. Das ist eine offene Tür ins Blaue. Das ist eine Vision. Ich wäre ihr am liebsten selber sofort gefolgt.

Aber Bildfolien lenken doch die Aufmerksamkeit, höre ich Sie sagen. Tun sie das? Wirklich? Und wohin? Bildfolien lenken genauso ab wie Text, selbst wenn kaum etwas drauf ist.

Ein Bild ist immer auch eine Einladung, eine Erinnerung. Bilder machen mit Ihnen, was sie wollen.

Umfrageergebnisse:

Student 1: Bei der blauen Folie mit der abblätternden Farbe musste ich sofort an ein Bild denken, das ich neulich gesehen habe. Und dann habe ich die ganze Zeit auf Ihr MacBook geschaut und überlegt, was das für ein Aluminiumständer darunter ist. Der ist ja cool.

Studentin 2: Als Sie das mit dem Theater und der Inszenierung sagten, musste ich an das Theaterstück denken, in dem ich letzte Woche war, ich habe vergessen wie es heißt, aber ich komme gleich wieder drauf, Moment, ach ja richtig, Tartuffe.

Studentin 3: Ich musste die ganze Zeit an den Vortrag denken, den wir nächste Woche halten sollen und wie ich Ihre Tipps da am besten umsetze.

Studentin 4: Ich musste an den Vortrag denken, den ich morgen halten muss.

Student 5: Bei der Folie mit den Zensteinen musste ich an meinen Urlaub denken. (Ich auch. Deswegen ist die Folie ja drin. Und natürlich, um über Klischees zu reden. Und über Aufbau und Struktur. Oder über meinen Urlaub. Was eben grade so passt.)

Studentin 6: Ich musste an den Vortrag denken, den ich gleich halten muss.

Studentin 7: Bei der blauen Folie bin ich irgendwie weggeträumt.
(Blau ist so. Blau zieht, zerrt, ruft: Komm, lass uns träumen gehen. Nur weg von hier. Nehmen Sie eine andere Farbe, wenn Sie alle aufwecken wollen.)

Danach halte ich noch einen Vortrag. Diesmal fünf Minuten lang. Warum Vorträge eigentlich das Sinnloseste sind, was wir uns als Lernmittel antun können.

Jetzt hören sie zu, jetzt sind sie ganz dabei, jetzt ist die Spannung zu spüren unter der Haut, aber ich sitze dabei auch sehr dicht vor ihnen und habe meine Geschichtenerzählerstimme angezogen und zeige keine einzige Folie.

Eigentlich lüge ich die ganze Zeit, mit jedem Wort, mit jedem Satz, mit Körper, Stimme, Haut und Haar. Denn natürlich sind Vorträge das Beste, was es gibt, um in Menschenköpfe zu kommen. Menschen lieben Vorträge. Sie dürfen nur nicht nach Vortrag klingen. Dann kommen wir mit. Dann bleiben wir dabei.

PS: Im Notfall sagen Sie ab und an »prüfungsrelevant«, das weckt alle. Immer.

Bring stuff [and do sth. relevant with it]

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Es ist ein grauer Wintertag gegen 16:30 Uhr. Sie haben sich etwas Schönes ausgedacht für heute. Sie haben auch etwas Schönes und Relevantes mitgebracht: Ihr Thema ist Lichtdesign. Nichts ist da relevanter als Licht. Sie kommen sogar ein wenig zu spät, weil Sie die Teelichte vergessen haben und noch mal umkehren mussten. Sie sind ein wenig außer Atem.

Und dann?

Schicken Sie alle nach draußen, weil Sie noch etwas vorbereiten wollen.

(Ok, sagt das Publikum. Machen wir. Nach zehn Minuten denkt das Publikum: Mhm. Wenn ich jetzt gehe, merkt es vielleicht keiner.)

Dann geht es aber auch schon los. Es ist dunkel im Raum. Sie haben das Licht gedämmt. Nur die Teelichte brennen. Sonst brennt nichts. Auch nicht Ihre Leidenschaft fürs Thema. Zumindest dringt sie nicht zu uns durch.

(Mhm, denkt das Publikum, das auch inhaltlich im Dunkeln sitzt. Wäre ich doch bloß früher gegangen.)

Und dann? Machen Sie die Teelichte wieder aus, die Sie während des ganzen Vortrags gar nicht gebraucht und auch nicht angesprochen haben und ich mache das Deckenlicht wieder an und wir reden über alles. Und dann versuchen wir es noch einmal.

Mit dem Teelicht in der Hand, so dass nichts passieren kann, aber so, dass Sie Ihr Thema spüren können. Jetzt haben Sie Ihr Licht in der Hand. Und jetzt dringt auch etwas nach außen durch, jetzt scheint da etwas aus Ihren Augen und jetzt leuchtet etwas in Ihrer Stimme. Und jetzt verstehen wir auch, worum es Ihnen geht. Was Licht bedeutet. Und warum es bei Lichtdesign um mehr geht als darum, teure Lampen zu verkaufen. Und weil das so ist, lassen wir auch das Deckenlicht an, denn schummrig ist schön, bei Präsentationen in kleinen Räumen aber auch schnell schaurig.

Nach der Veranstaltung bleibe ich noch eine Weile und spiele mit Beton und Licht und Schatten. Denn so ist es eben auch: Begeisterung ist ansteckend. Immer dann, wenn ich sie spüren kann.

Fazit: Gut überlegen: Was mache ich mit den Dingen, die ich mitbringe? Wie setze ich sie so ein, dass sie dem Publikum helfen und mir auch? Und lohnt es den ganzen Aufwand überhaupt? Und wo sitzt der Rauchmelder?

(To be continued …)

Scribbeln Sie doch etwas Mett

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Quelle: Studierende Winter 2012

Nichts ist hilfreicher für einen Redner, als sein Publikum hinterher zu befragen, was hängen geblieben ist. Das machen aber in der Regel nur Mathe- und Chemielehrer und sie sind entsprechend unbeliebt.

Das heißt aber auch: Eigentlich bekommen wir nur sehr selten echtes Feedback. Eigentlich wissen wir nie genau, was wir tun. Was wir unserem Publikum antun.

Abhilfe 1: Kamera. Goldstandard.
Abhilfe 2: Gruppenevaluation. Silberstandard.
Abhilfe 3: Mitschriften. Unbezahlbar.

Ab und an bitte ich auch meine Studierenden: »Scribbeln Sie doch etwas mit!«

Was dabei herauskommt, sehen Sie ja. Das liegt natürlich an meiner Misch-Masch-Herkunft, eigentlich habe ich ganz klar und deutlich und überhaupt …

Aber vielleicht habe ich ja eben nicht?

Und was könnte man bei Ihnen missverstehen? Ihre Fachsprache? Ihre Faktenlastigkeit? Ihre fehlenden Endsilben? Ihre fehlenden Beispiele? Ihre unlogischen Farben? Ihre Geschwindigkeit?

Wenn Sie über ein Tor sprechen, sprechen Sie besser nicht von einem Turm. Sonst malen Sie ein Bild in die Köpfe Ihrer Zuhörer, das ein buntes Eigenleben führt. Viel zu oft werden Sie nicht einmal etwas davon erfahren. Also lassen Sie mitscribbeln. Fragen Sie. Testen Sie. Trauen Sie sich. Es braucht ein wenig Mut, in die Köpfe Ihrer Zuhörer zu schauen. Aber alles andere ist Spiegelfechterei.

Woher nehmen und nicht stehlen?

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Quellenangabe? Kommerziell? Darf ich damit spielen?

In diesem Falle: Ja, nein, ja. Und das gilt für fast alle meine Bilder hier.

Ansonsten ist Fragen immer das Beste, wenn Sie sich nicht sicher sind, was Sie tun dürfen mit einem Foto. Die meisten Hobbyfotografen werden sagen: Für ein Referat? Einen Pitch? Aber sicher, gerne. Ich benutze in Veranstaltungen meistens meine eigenen Bilder und Zeichnungen oder zeige mit Erlaubnis Slides von Studierenden, aber ich habe auch ein oder zwei ganz großartige Fotos von Profis. Preis: Etwas von der Amazon-Wunschliste im Wert von 15,00. So einfach kann das sein. Und ja, Studierende können sich das nicht immer leisten. Letzte Woche haben wir uns deshalb ausgiebig mit dem Thema beschäftigt.

Diese Liste von http://einfach-praesentieren.de mit Quellen für (kostenlose) Bilder hilft Ihnen, sich bei der oft verwirrenden Fotosafari besser zurecht zu finden und macht präzise Angaben dazu, was mit der Lizenz zum Nutzen verbunden ist. Denken Sie bitte daran: Versuchen Sie Bilder zu finden, die sich von der glatten, oft generischen, teils sehr lauten und manchmal schlicht sehr platten Stockfoto-Optik abheben. Oder fotografieren Sie selbst. Es muss nicht immer perfekt sein. Perfekt ist manchmal schrecklich langweilig.

[Notorische Besserwisseranmerkung: Wenn Sie sich bei http://einfach-praesentieren.de weiter umsehen, dann seien Sie etwas vorsichtig. Sie finden da viele gute Tipps und Ideen. Sprachlich (und teils auch optisch) ist das jedoch noch nicht so ganz ausgereift. Manchmal stolpern die Metaphern etwas sehr durcheinander. Ohne nachgeschaut zu haben, vermute ich hinter dem Blog einen sehr engagierten und noch sehr jungen Interessierten am Thema Präsentation, der im Moment eher sammelt und berichtet und vieles ausprobiert. Ist nicht der schlechteste Anfang. Viel Erfolg!]